Kasernenkomplex

Koordinaten: 55.724881 21.123452

Objektadresse: Herkaus Manto Strasse 84, Klaipeda, Litauen

Gemeinde: Klaipėda

Die Festungsstadt Klaipėda (damals Memel) hatte schon ab dem 17. Jh. eine Garnison. Am Anfang war sie in der Burg untergebracht und später hatten die Einwohner der Stadt die Soldaten zu beherbergen. Aus diesem Grund begann im Jahr 1904 der Bau der neuen Backsteinkasernen.

Den Kasernen-Komplex bilden sechs neogotische Backsteinbauten: 2-4 Stockwerke hoch, mit Dachboden, die Fassaden sind mit Treppengiebeln und mit sich verjüngenden Nischen verziert. Helle, verputzte Flächen als Fensterumrahmung und als waagerechte Bänder stehen zum roten Mauerwerk im Kontrast und erinnern an die Fachwerkarchitektur. Die Fassaden sind durch die unter dem Dach auskragenden kleinen Ziergiebel mit Arkaden-Elementen geschmückt. Die Kanten betonen die Fenster und die vertikalen Verstärkungen (Lisenen) die Ecken der Gebäude. Die Karniese (Gesimse mit s-förmigem Querschnitt) lassen die Bauten optisch niedriger wirken.

Für den Bau der Kasernen wurde der rote Backstein in der Ziegelei in Janischen gefertigt, einer Vorstadt von Klaipėda (Memel). In den Lehmgruben entstanden später die Mühlenteiche. Der Fertigungsprozess der Ziegelsteine begann mit der Lehmvorbereitung: Der Ziegellehm wurde durchgesiebt, um die Kalksteinteile zu entfernen und dadurch mögliche Risse in den Ziegeln zu verhindern. Die Ziegelsteine brannte man 1-3 Tage bei 9000°C. Die gebrannten Ziegelsteine wurden luftgetrocknet und im Winter auf die Erde ausgelegt; dann fuhr ein beladenes Fuhrwerk darüber, um ihre Festigkeit zu prüfen.

Die mit dunkelgrünen Majolika-Fliesen dekorierten Sockel und Fensterbänke verleihen den Bauten nicht nur eine gewisse Feinheit, sondern schützen sie auch gegen das Eindringen von Regenwasser in das Innere der Gebäude. Die Halbkeller werden durch Klinkersteine und an den Fenstern angebrachte Belüftungsrohre vor Feuchtigkeit geschützt. Die Helme der Zaunsäulen sind aus schwedischem Sandstein gefertigt und die eisernen Dekorelemente, die Zaungitter, sind aus 95 Prozent reinem schwedischem Eisenerz gegossen.

In den authentischen Gebäuden sind viele originale Elemente erhalten geblieben: Fliesen, Handläufe, Verzierungen, Umrahmungen, Türpfosten. An mehreren Stellen ist die alte Aufteilung der Innenräume erhalten oder wieder hergestellt worden. Beim Bau der Kasernen hat man viele leichte Überdeckungen eingebaut, um die Menschen gegen mögliche Explosionen zu schützen. In den Außenmauern sind auch heute noch Kugelspuren zu sehen.

In den zwei größten Gebäuden wohnten die Soldaten, im einstöckigen Gebäude mit dem Türmchen waren Küche und Speiseräume für Soldaten und Halboffiziere eingerichtet. Das Gebäude mit dem Glasdach, in dem sich heute die Finanzabteilung und das Zentrum der evangelischen Theologie befinden, beherbergte das Hauptquartier und den Arrestraum für bestrafte Soldaten. Die Halboffiziere und Leutnants wohnten in den Gebäuden an der Herkaus-Manto-Straße, in einem davon war eine Zeitlang auch der Offiziersklub untergebracht. Der Pferdestall und die Vorratskammer befanden sich in dem Gebäude, in dem heute der Senat und der Universitätsrat sowie die Bibliothek untergebracht sind. Die breite Tür des Erdgeschosses erinnert an die Zeit, als hier der Wagenschuppen für die Kutsche des Regimentskommandeurs und später die Garage seines Automobils waren. Im ersten Stock und auf dem Dachboden bewahrte man Munition und Vorräte für den Fall einer Mobilisierung auf.

Wo heute ein Platz ist, befand sich ein Innenhof, umrahmt von verschiedenen Wirtschaftsgebäuden und Waffendepots. Unterirdisch befanden sich die Wasserspeicher, die mit Wasser aus dem nahe gelegenen Swijane-Fluss gefüllt wurden.

Den Bau des Kasernenkomplexes initiierte das Preußische Kriegsministerium, die Stadt begann 1904 mit dem Bau, aber wegen eines Streiks der Maurer mussten die Bauarbeiten unterbrochen werden. Der Komplex wurde 1907 beendet, nachdem man 120 Maurer aus Italien nach Memel geholt hatte. In die Kasernen zog das Dritte Bataillon des damals in Memel eingesetzten Infanterieregiments von Boyen Nr. 41 (des 5. ostpreußischen Infanterieregiments). Nachdem die von den Entente-Staaten sanktionierte französische Verwaltung im Jahr 1920 das Memelgebiet übernommen hatte, zog in die Kasernen das 21. Jäger-Bataillon ein.

Nach dem Anschluss des Memelgebiets 1923 an Litauen wurden in den Kasernen litauische Soldaten untergebracht. Daran erinnern drei Eichen: Laisvė (Freiheit), Vilnius und Klaipėda, die damals auf dem Kasernenhof gepflanzt wurden. Nach dem Anschluss des Memelgebiets an Deutschland 1939 wurden Soldaten der Artillerie-Division der deutschen Marine in den Kasernen einquartiert. Nach dem Krieg, in den Jahren 1945-1993, beherbergten die Kasernen die Küstenwache der sowjetischen Marine. Im Jahr 1993, nachdem die russische Armee aus Litauen abgezogen war, beschloss man, den Kasernenkomplex mit allen Bauten der Universität Klaipėda zu überlassen.  

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